Es kann äußerst schädlich sein, den Blutzucker im Rahmen einer Diabetesbehandlung zu stark zu senken. Eine in den USA geführte und vom Fachblatt Lancett veröffentlichte Studie zeigt auf, dass eine zu starke Blutzuckersenkung im Rahmen der Diabetesbehandlung keine Vorteile erbringt sondern zu mehr Todesfällen und Herzinfarkten führen kann.
Viel hilft nicht immer viel. So kann man das Ergebnis einer Studie aus dem Jahre 2008 interpretieren, in der die Behandlung von 10.000 Diabetespatienten protokolliert und untersucht wurde. Dabei wurde der Effekt einer milden mit dem einer starken Blutzuckerabsenkung miteinander verglichen. Die Studie wurde im Februar 2008 nach nur 4 Jahren vorzeitig abgebrochen, nach dem es bei den Patienten mit intensivierter Diabetes-Therapie (starke Blutzuckerabsenkung) zu mehr Todesfällen und Herzinfarkten gekommen war. Es wurden alle Teilnehmer wieder auf eine mildere Therapie umgestellt.
Die Studie zeigte, dass Spätfolgen der Diabetes wie z. B. Gefäßschäden nicht verzögert werden. Auch weitere typische Komplikationen wie Nierenschäden, Nervenstörungen und Einschränkungen der Sehstärke treten bei starker Blutzuckersenkung keineswegs später auf. Viele Therapeuten vermuten noch immer, dass der niedriger eingestellte Blutzucker Leben rettet und nebenbei dazu beiträgt, dass Netzhaut, Nervenbahnen und Nierenkanälchen der Diabetiker länger von negativen Folgen des entgleisten Zuckerstoffwechsels verschont bleiben.
In der Untersuchung war eine starke Blutzuckersenkung mit einer Konzentration des HbA1c von unter sechs Prozent angestrebt worden. Der Wert zeigt den Anteil des roten Blutfarbstoffs an, der an Glukose gebunden ist und gibt Aufschluss darüber, wie der Blutzucker zuletzt eingestellt war. Als milde Blutzuckersenkung in der Studie galten HbA1c-Werte von 7 bis 7,9 Prozent zum Vergleich.
Weitere Nachteile zu starker Blutzuckersenkung:
- Patienten nehmen deutlich stärker an Gewicht zu. Zudem ist das Risiko für gefährliche Unterzuckerung um das Dreifache erhöht.
- Es werden Messwerte verfälscht, die normalerweise dafür sprechen, dass Spätfolgen verzögert auftreten. In der klinischen Praxis und für Patienten relevant wirke sich dies aber nicht aus, obwohl die entsprechenden Werte dieses suggerieren. Weder Nierenversagen noch verminderte Sehschärfe oder eingeschränktes Berührungsempfinden kamen bei Patienten unter starker Blutzuckersenkung später vor.
Schon länger fordern einige Mediziner, z. B. der Diabetes-Experte Prof. Dr. Martin Reincke (Uni München), Therapeuten sollen sich von einem „glukozentrischen Weltbild“ lösen, nur auf den Blutzucker zu starren, bringe nichts. Siehe auch hier.